Sonntag, 29. Januar 2017

sexueller Missbrauch durch Angehörige der katholischen Kirche: In den deutschen Bistümern gibt es derzeit 27 verschiedene Ordnungen, "von denen nicht einmal klar ist, ob sie in Kraft gesetzt sind" / Akten in Geheimarchiven erschweren weiterhin Aufklärung

Der Kirchenrechtler Nobert Lüdecke hat die Leitlinien aller 27 deutschen Bistümer zum Umgang mit sexuellem Missbrauch unter die Lupe genommen. Dabei kam er zu einem eindeutigen Ergebnis.

Lüdecke erklärte, dass bislang jedes Bistum die von der Deutschen Bischofskonferenz 2013 überarbeiteten Leitlinien zum Umgang mit Missbrauch einzeln in Kraft setzen müsse. Dazu reiche es nicht aus, die Leitlinien nur im kirchlichen Amtsblatt abzudrucken. Bei mehr als der Hälfte der deutschen Diözesen sei zweifelhaft, ob sie geltendes Partikularrecht seien, so der Professor. Er hatte mit seinen Studierenden überprüft, ob Bistümer die Leitlinien einfach übernommen oder eigene Bestimmungen formuliert haben.

Akten im Geheimarchiv

Als problematisch bezeichnete es Lüdecke, dass die Akten von kirchlichen Voruntersuchungen bei Verdacht auf Missbrauchsfälle nach Abschluss des Verfahrens im Geheimarchiv der Diözese verschlossen werden, auf das nur der Bischof zugreifen könne. 

Wenn etwa einem neuen Missbrauchsbeauftragen ein Fall gemeldet werde, könne dieser nicht nachprüfen, ob die Person schon einmal auffällig geworden war.

Die beiden Kirchenrechtler sprachen bei einer "Aktuellen Stunde" der Uni mit der WDR-Journalistin Eva Müller. Sie sagte, dass das Bistum Hildesheim nach einem Film von ihr den Fall des pensionierten Pfarrers Peter R. von einem unabhängigen Gutachter untersuchen lassen wolle.