Samstag, 21. Mai 2016

Bistum Trier: Vorgehensweise von Bischof Ackermann stößt auf Unverständnis und harsche Kritik

Man habe die Sitzung in Freisen kurzfristig einberufen, um die zuständigen Gremien darüber zu informieren, dass gegen den ehemaligen Freisener Kooperator ein „Kirchliches Voruntersuchungsverfahren“ aufgrund Vorwürfen sexuellen Missbrauchs eingeleitet worden sei.

Mit diesen Worten  leitet  Ulrich Stinner in seiner Funktion als stellvertretender Priesterreferent und stellvertretender Abteilungsleiter  die Versammlung in Freisen ein.

Stinner weist daraufhin, dass die aktuelle Entwicklung im Fall von Pfarrer M. absolut nicht in Verbindung mit den seit Wochen laufenden Recherchen zu bringen sei.  Dies sei reiner Zufall.  Man könne dies glauben – oder auch nicht. Dies betont er mehrmals an diesem Abend. Er selbst sei davon überrascht worden,  dass der „Tierische Volksfreund“ zufällig wenige Minuten vor Beginn der Veranstaltung den Artikel über Pfarrer M. online veröffentlichte. - Den ausgedruckten Artikel hatte er da bereits schon vor sich liegen.

Das Verfahren der kirchlichen Voruntersuchung sei drei Tage zuvor, am Dienstag, dem 17. Mai 2016, eingeleitet worden.  Seit diesem Tag habe Pfarrer M. Zelebrationsverbot.  Auch werde sich der ehemalige Kooperator einem forensischen Gutachten unterziehen müssen (2x3h, Anmerk.ca).

Der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen sei Pfarrer M. seit dem 17. Mai ebenfalls untersagt. Genau an diesem Kontaktverbot zu Kindern und Jugendlichen werden allerdings Zweifel laut. Schließlich habe Pfarrer M. schon seit Jahren die Anweisung des Bischofs ignoriert,  intensiven Kontakt zu Jugendlichen zu unterlassen. Selbst als das Bistum in den Folgejahren mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass Pfarrer M. sich nicht an die bischöfliche Anweisung hielt, reagierte das Bistum nicht. Warum solle man diesmal davon ausgehen, dass Pfarrer M. sich tatsächlich an das Kontaktverbot halte?  Gehe es nicht auch darum, weitere Kinder vor Übergriffen zu schützen? Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gab es nicht. "Wir müssen darauf achten, dass das Kontaktverbot zu Kindern und Jugendlichen eingehalten wird" räumte Stinner ein.

Grundsätzlich dürfe Pfarrer M. derzeit „nirgendwo“ mehr zelebrieren.  Weder in einem anderen Bistum. Noch im Ausland. Auch nicht als Vertretung. –  Ob und in welcher Form dies kontrollierbar sei? Auch diese Frage konnte man nicht klar beantworten.

Ebenso blieb die Frage offen, von wie vielen mutmaßlich Betroffenen bei Pfarrer M. inzwischen die Rede ist. 
Hierbei verweist Stinner  darauf, dass  man an diesem Abend nur von dem Fall spreche, der Anlass zu der kirchenrechtlichen Voruntersuchung gegeben habe. Und dabei handele es sich um ein mutmaßliches Opfer.  Auf erneutes Nachhaken über die Gesamtzahl der mutmaßlichen Betroffenen von Pfarrer M., über die das Bistum informiert sei, weicht Stinner erneut aus.

Weiter informierte Stinner: „Das Bistum Trier wird im Fall des ehemaligen Freisener  Kooperators von einer öffentlichen Stellungnahme bzw.  Pressemitteilung  zu den Vorwürfen absehen.“  - Begründung: Pfarrer M. befände sich schließlich im Ruhestand. Er sei kein „aktiver“ Priester mehr (!).  Nach einer kurzen Denkpause räumt Stinner ein, dass dies aber nicht bedeute, dass er als Ruhestandsgeistlicher keine Messen mehr zelebriert habe. Zeitgleich zu dieser Informationsveranstaltung in Freisen würden auch die Gremien in Piesport  über den aktuellen Stand informiert.

Warum das Bistum Trier sich erst jetzt zu diesem Schritt entschloss und nicht bereits 2006, als erstmals gegen Pfarrer M.  wegen Vorwürfe sexuellen Missbrauchs staatsanwaltschaftlich ermittelt wurde?
Stinner verweist immer wieder darauf,  dass die bisherigen staatsanwaltschaftlichen Verfahren ja letztendlich zu keinem Ergebnis geführt hätten,  welches Pfarrer M. belastet hätte: „Es lag ja nichts gegen ihn vor“.  Außerdem habe Pfarrer M. dem Bistum immer wieder glaubhaft versichert, an den Vorwürfen sei „nichts dran“.   Dies habe er sogar schriftlich dem Bistum vorgelegt.  Warum also hätte man misstrauisch sein sollen bzw. an der Glaubwürdigkeit von Pfarrer M. zweifeln sollen?

Nachdem auch das letzte Verfahren wegen Vorwürfen sexuellen Missbrauchs gegenüber Pfarrer M.   eingestellt wurde und das Bistum die Akten durchsichtet, fällt dem Bistum angeblich auf, dass bei dem letzten Verfahren immer wieder auf die Vorwürfe aus dem eingestellten Verfahren von 2006 hingewiesen wird. Daraufhin lässt sich Stinner im Mai dieses Jahres selbst die Akten von 2006 von der Staatsanwaltschaft aushändigen. Bei Durchsicht stellte man plötzlich fest, dass Pfarrer M. nicht – wie er bisher dem Bistum Trier gegenüber versicherte – die Vorwürfe abstritt. Im Gegenteil. Stinner: "Es gab unterschiedliche Aussagen. Die Angaben, die Pfarrer M. dem Bistum gegenüber machte widersprachen den Aussagen, die in dem Vernehmungsprotokoll zu lesen waren."

Dies sei der ausschlaggebende Moment gewesen, in dem das Bistum Trier erstmals an den bisherigen Aussagen von Pfarrer M.  zu zweifeln begann.  10 Jahre nach den ersten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. -  30 Jahre nachdem Pfarrer M. laut Zeugenaussagen erstmals übergriffig wurde. Was davor geschah, weiß niemand.

Inzwischen ist die Rede davon , es habe sich ein weiteres mutmaßliches Opfer gemeldet. (Anmerk. ca: Die Hinweise auf ein mutmaßliches weiteres Opfer an diesem Abend stammen nicht von Herr Stinner!)

Unwillkürlich stellt sich die Frage: Hätte Missbrauch verhindert werden können, wenn das Bistum früher reagiert hätte?

Auch dass  Pfarrer M. im Besitz von Waffen (die Rede ist von einer Lang- und einer Kurzwaffe und zugehöriger Munition) war, war dem Bistum Trier nachweislich bekannt. Dies belegt die Korrespondenz mit dem Bistum Trier.  Auch hier wurde das Bistum Trier gebeten, zu intervenieren und dafür Sorge zu tragen, dass Pfarrer M. gegenüber aufgezeigt werden müsse, dass er kein Recht habe, diese Waffen zu besitzen.  Doch auch hier reagierte das Bistum auf sehr kulante Weise. Erst als eine Hausdurchsuchung wegen möglichen Verstoßes gegen das Waffengesetz stattfand, waren die Waffen plötzlich verschwunden. Wo sie heute sind? Auch diese Frage bleibt unbeantwortet - wie viele andere Fragen auch.

Als der als  Moderator anwesende St. Wendeler Dechant Volker Teklik in seinen Abschlussworten nahezu lapidar von  "einer unangenehmen Missbrauchsgeschichte" spricht kann, man nur noch mit dem Kopf schütteln, -  Wieviel er begriffen hat und ob er sich über das Ausmaß des Schadens, welches Pfarrer M. in der Gemeinde hinterlassen hat,  auch nur annähernd bewusst ist,  bleibt ebenso fraglich.

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