Donnerstag, 9. Januar 2014

Hielt sich Bischof Ackermann, Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz in seinem eigenen Bistum erneut nicht an die Leitlinien?



Der Begriff des „sexuellen Missbrauchs“ im Sinne der Leitlinien:
"Diese Leitlinien berücksichtigen die Bestimmungen sowohl des kirchlichen wie auch des weltlichen Rechts. Der Begriff sexueller Missbrauch im Sinne dieser Leitlinien umfasst strafbare sexualbezogene Handlungen. Die Leitlinien beziehen sich somit sowohl auf Handlungen nach dem 13. Abschnitt sowie weitere sexualbezogene (Straftaten des Strafgesetzbuchs (StGB) als auch auf solche nach can. 1395 § 2 CIC in Verbindung mit Art. 6 § 1 SST6 nach can. 1387 CIC in Verbindung mit Art. 4 § 1 n.4 SST wie auch nach can. 1378 § 1 CIC in Verbindung mit Art. 4 § 1 n.1 SST, soweit sie an Minderjährigen oder Personen begangen werden, deren vernunftgebrauch habituell eingeschränkt ist (Art. 6 § 1 n.1 SST).

Zusätzlich finden sie unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls Anwendung bei Handlungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit, die im pastoralen oder erzieherischen sowie im betreuenden oder pflegerischen Umgang mit Kindern und Jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen eine Grenzverletzung oder einen sonstigen sexuellen Übergriff darstellen. 

Sie betreffen alle Verhaltens- und Umgangsweisen mit sexuellem Bezug gegenüber Minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen, die mit vermeintlicher Einwilligung, ohne Einwilligung oder gegen den ausdrücklichen Willen erfolgen. Dies umfasst auch alle Handlungen zur Vorbereitung, Durchführung und Geheimhaltung sexualisierter Gewalt. Den seitens der Kirche Handelnden muss daher stets bewusst sein, dass es bezüglich der hier zu berücksichtigenden strafbaren Handlungen in den beiden Rechtsbereichen unterschiedliche Betrachtungsweisen geben kann (zum Beispiel bzgl. des Kreises der betroffenen Personen, des Alters des Opfers, der Verjährungsfrist). Den Bestimmungen beider Rechtsbereiche ist zu entsprechen. Maßgeblich für das kirchliche Vorgehen sind die zum Zeitpunkt des Untersuchungsbeginns geltenden Verfahrensregeln, unabhängig davon, wie lange der sexuelle Missbrauch zurückliegt.

 Entgegennahme von Hinweisen und Information des Ordinarius:
12. Anonyme Hinweise sind dann zu beachten, wenn sie tatsächliche Anhaltspunkte für Ermittlungen beinhalten.

 Zuständigkeiten im weiteren Verlauf:
14. Für das weitere Verfahren können im Hinblick auf Kleriker zuständig sein: der Ortsordinarius des Wohnsitzes der beschuldigten Person (vgl. can. 1408 CIC) oder der Ortsordinarius des Ortes, an dem die Straftat begangen worden ist (vgl. can. 1412 CIC) oder der Inkardinationsordinarius der beschuldigten Person. Der erstinformierte Ordinarius trägt dafür Sorge, dass eine Entscheidung über die Zuständigkeit für das weitere Verfahren zeitnah getroffen wird.

Kirchenrechtliche Voruntersuchung gemäß can. 1717 § 1 CIC:
32. Im Falle, dass wenigstens wahrscheinlich eine Straftat eines Klerikers vorliegt, leitet der Ordinarius gemäß can. 1717 § 1 CIC per Dekret eine kirchenrechtliche Voruntersuchung ein und benennt den Voruntersuchungsführer. Der Voruntersuchungsführer führt die Anhörung der beschuldigten Person unter Beachtung der Leitlinien Nrn. 22 bis 29. Besteht die Gefahr, dass die Ermittlungsarbeit der Strafverfolgungsbehörden behindert wird, muss die kirchenrechtliche Voruntersuchung ausgesetzt werden. 

Maßnahmen bis zur Aufklärung des Falls:
36. Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht eines sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen oder erwachsenen Schutzbefohlenen vor, entscheidet der Ordinarius über das weitere Vorgehen unter Berücksichtigung der kirchen- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Im Falle von Klerikern kann er gemäß Art. 19 SST konkrete, in can. 1722 CIC aufgeführte Maßnahmen verfügen (zum Beispiel Freistellung vom Dienst; Fernhalten vom Dienstort bzw. Arbeitsplatz; Fernhalten von Tätigkeiten, bei denen Minderjährige gefährdet werden könnten). 
Vorgehen bei nach staatlichem Recht nicht aufgeklärten Fällen:
39. Wenn der Verdacht des sexuellen Missbrauchs nach staatlichem Recht nicht aufgeklärt wird, zum Beispiel weil Verjährung eingetreten ist, jedoch tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, die die Annahme eines sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen oder erwachsenen Schutzbefohlenen rechtfertigen, sollen sich die zuständigen kirchlichen Stellen im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst um Aufklärung bemühen. Die Leitlinien Nrn. 36 und 37 gelten entsprechend; bei Klerikern bis zu einer Entscheidung der Kongregation für die Glaubenslehre. 
40. Dabei können auch ein forensisch-psychiatrisches Gutachten zur beschuldigten Person und ggf. auch ein Glaubhaftigkeitsgutachten zur Aussage des mutmaßlichen Opfers eingeholt werden.

Öffentlichkeit:
54. Die Öffentlichkeit wird unter Wahrung des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen in angemessener Weise informiert.

Spezielle Präventive Maßnahme:
55. Wenn Anlass zur Sorge besteht, dass bei einer Person Tendenzen zu sexuellem Fehlverhalten vorliegen, wird eine forensisch-psychiatrische Begutachtung dringend angeraten. Im Übrigen erfolgt die Prävention im Sinne der Rahmenordnung „Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ in der jeweils geltenden Fassung.


Würzburg, den 26. August 2013"


Quelle: DBK